Das gleichzeitige Bearbeiten zweier gleichartiger Aufgaben ist de facto nicht möglich. Dies liegt vor allem an unseren kognitiven Ressourcen, also unserer Fähigkeit, Sinneseindrücke mental zu verarbeiten. Diese sind begrenzt, sodass unser Gehirn Filtermethoden anwendet, um Relevantes in den Fokus zu rücken und Irrelevantes auszublenden. Ein Beispiel hierfür ist der Cocktailparty-Effekt: unsere Fähigkeit, in Menschenansammlungen die Gespräche im Umfeld auszublenden und gleichzeitig unserem Gesprächspartner zuzuhören.
Allerdings betrifft diese sogenannte selektive Aufmerksamkeit nur die jeweiligen Sinne. Wir sind durchaus in der Lage, gleichzeitig unserem Gesprächspartner zuzuhören und die anderen Partygäste zu beobachten. Ist Multitasking also doch möglich?
Hier kommt die von Christopher D. Wickens erstmals 1980 aufgestellte Theorie der multiplen Ressourcen ins Spiel. Diese besagt, dass Multitasking unter gewissen Umständen möglich ist, wenn beide Aufgaben unterschiedliche kognitive Ressourcen beanspruchen. Sie teilt die kognitiven Ressourcen des Menschen in die Kategorien Verarbeitungsstufe, Sinnesmodalität und Enkodierung auf.
In der Verarbeitungsphase wird unterschieden zwischen der Phase der Wahrnehmung und Kognition und der Phase der Auswahl und Ausführung einer Reaktion. Man kann also zwei Aufgaben recht gut gleichzeitig ausführen, wenn die eine in der Wahrnehmung oder gedanklichen Verarbeitung besteht und die andere in der Auswahl oder Ausführung einer Verhaltensreaktion.
Die Unterteilung nach Sinnesmodalität bedeutet, dass man beispielsweise gleichzeitig gut Informationen visuell und auditiv aufnehmen kann.
Enkodierung bezieht sich auf die Art und Weise, wie Informationen verarbeitet und gespeichert werden. Dies kann sowohl räumlich als auch verbal geschehen. Wenn zwei Aufgaben die gleiche Art von Enkodierung verwenden, kann es schwierig sein, sie gleichzeitig zu erledigen. Bei unterschiedlichen Arten der Enkodierung ist eine effektivere gleichzeitige Ausführung möglich.
Durch dieses Modell können wir abschätzen, ob bei einer Doppelaufgabe eine kognitive Überlastung und ein mögliches Scheitern wahrscheinlich sind. Zudem können wir bei M&M Interfaces und Interaktionskonzepte so gestalten, dass eine Überlastung unwahrscheinlicher wird.
Dieses Wissen nutzen wir von M&M schon im Requirements-Prozess und beim Ableiten von Interaktionskonzepten. Besteht beispielsweise die Aufgabe eines Nutzers darin Parameter zu überwachen und durch Betätigen eines Schalters einen Prozess zu beenden, ist es empfehlenswert, diese nach Möglichkeit grafisch in Form von Tachometern, Diagrammen oder Infografiken darzustellen. Warum? Dies sollte geschehen, da das Beenden des Prozesses eine manuell-räumliche Reaktion erfordert und die Enkodierung, im Sinne des Ressourcenmodells, dementsprechend ebenfalls räumlich möglich sein sollte.
Fazit: Das Ressourcenmodell von Wickens bietet erhebliche Potenziale in der Softwareentwicklung, insbesondere bei der Gestaltung benutzerfreundlicher Interfaces. Es ermöglicht die Gestaltung von Interaktionskonzepten, welche dazu beitragen können, Nutzer optimal in ihrer Tätigkeit zu unterstützen.
Wir beraten Sie gerne!