Die Verwaltungsschale (Asset Administration Shell, kurz AAS) ist die Umsetzung des digitalen Zwillings für die Plattform Industrie 4.0.
Anbieter von Automatisierungstechnik werden daher zukünftig auch normgerechte Verwaltungsschalen für ihre Produkte bereitstellen. Dazu müssen aber verschiedenste schon vorhandene oder noch zu schaffende Informationsquellen beim Hersteller miteinander integriert werden. Der Einsatz eines auf den Technologien des Semantic Web basierenden Enterprise Knowledge Graph bietet die Chance, die damit einhergehende Komplexität in den Griff zu bekommen.
Die Anforderungen an die Verwaltungsschale werden fortlaufend weiterentwickelt. Aber es wird immer deutlicher, dass Vielfalt und Komplexität der Aspekte einer Verwaltungsschale durch ein klassisches relationales Datenmodell bezüglich Varianz und Dynamik schwer abbildbar sind. Besonders wenn man die langfristigen Unterhaltungskosten solcher Datenmodelle angesichts der sich immer wieder ändernden Anforderungen an die Modelle mit betrachtet.
Einen möglichen Ausweg aus diesem sich dadurch ergebenden Dilemma für die Anbieter versprechen die Technologien des Semantic Web. Das Semantic Web wurde entworfen, um das uns allen geläufige World Wide Web so zu erweitern, dass Daten zwischen Rechnern und Maschinen weltweit einfacher austauschbar und verwertbar werden. Entscheidend dabei ist, dass damit nicht nur der Inhalt, sondern auch die Semantik, also die Bedeutung der Daten, beschrieben wird. Daher der Begriff Semantic Web.
Viele unterschiedliche Informationsmodelle, die durch einzelne Institutionen, Firmen und Einzelpersonen definiert sind, sollen auf der Basis des Semantic Web zu einem globalen Knowledge Graph integriert werden, der verschiedenste Informationsquellen miteinander verknüpft und abfragbar macht.
Obwohl häufig als „zu akademisch“ belächelt, ist dieser globale Knowledge Graph heute Realität geworden. Große Suchmaschinen wie Google Search oder Bing unterstützen und nutzen diese Technologien bereits in hohem Maße parallel zur klassischen Indizierung von Webseiteninhalten. Da dies einen positiven Einfluss auf das Ranking von Webseiten hat, sind auch viel kommerzielle Webseiten mit solchen zusätzlichen semantischen Informationen angereichert.
Standardisierte Abfrage- und Beschreibungssprachen wie GraphQL, RDF, RDFS, OWL, SPARQL, SHACL bilden auf Basis von Infrastrukturkomponenten wie RDF-Triple-Stores bzw. Graph DBs die technologische Grundlage dieses Semantic Web.
Das Semantic Web hat wenig mit der heute so populären mustererkennenden AI auf der Basis von Deep Learning oder Machine Learning zu tun. Das Semantic Web und die mustererkennende AI ergänzen sich aber und lassen sich effektiv miteinander kombinieren. Sogenannte Inferenz-Engines können durch logisches Schließen Erkenntnisse aus der Kombination bestehenden Wissens ableiten. Dabei lassen sich verschiedenste Wissensbereiche auch nachträglich miteinander verbinden.
Diese Stärken des Semantic Web sollen nun auch genutzt werden, um die oft auch sehr heterogene und dynamischen Datenquellen innerhalb eines Unternehmens besser miteinander zu integrieren. Es entsteht dann ein sogenannter Enterprise Knowledge Graph, der sich aus bereits vorhandenen Informationen verschiedenster Art speist und diese semantisch miteinander verknüpft.
Ein solcher Enterprise Knowledge Graph kann auch dazu genutzt werden, um jeglichen Aspekt aller Produkte eines Unternehmens über den gesamten Lebenszyklus hinweg abzubilden. Genau dieser Ansatz wird im beschriebenen Projekt verfolgt.
Die SEW-EURODRIVE GmbH & Co KG ist ein weltweit führender Anbieter von Antriebstechnik. Neben dem Kernprodukt Elektromotoren bietet das im badischen Bruchsal beheimatete und weltweit tätige Unternehmen Getriebemotoren, Getriebe, Motoren, Komponenten für die dezentrale Installation, elektronisch geregelte Antriebe, mechanische Verstell-Getriebemotoren aber auch Antriebslösungen, die einen hohen Engineering-Anteil beinhalten. Dies wird ergänzt um weitere Dienstleistungen und Service-Angebote.
SEW-EURODRIVE geht die Herausforderungen, die sich aus Industrie 4.0 ergeben, sehr konsequent und strategisch an. Eine wichtige Rolle in dieser Strategie wächst dabei der Bereitstellung einer zentralen Produktdatenstrukturierungsplattform zu, deren Entwicklung bei SEW-EURODRIVE gemeinsam mit M&M Software vorangetrieben wird.
Die Plattform führt Produktdaten aus verschiedenen internen Datenquellen zusammen, die im Rahmen des Produktlebenszyklus jeweils spezifische Use Cases abdecken, und stellt diese in einem Knowledge Graph zur Verfügung. Dieser Integrationsprozess erfolgt dabei aktuell, automatisiert und jederzeit wiederholbar, sodass die Pflegekosten in der Zukunft möglichst gering gehalten werden können.
Auf der damit geschaffenen harmonisierten und einheitlich abfragbaren Wissensbasis sollen zukünftig verschiedenste Dienste aufgesetzt werden können, die sowohl SEW-intern als auch kundenseitig genutzt werden.
Eine wichtige Anforderung ist dabei die Unterstützung von Industrie 4.0 Verwaltungsschalen in Form von dynamischen Webdiensten. Die AAS Schemata werden bei der Modellierung des Knowledge Graph für die Definition der zentralen Ontologie genutzt, um für alle Anfragen an den Knowledge Graph ein einheitliches standardisiertes Informationsmodell nutzen zu können, bei denen kein Wissen mehr über die jeweiligen Datenquellen und deren Datenmodelle erforderlich ist.
SEW-EURODRIVE verspricht sich durch diese hochinnovative Produktdatenstrukturierungsplattform die folgenden Vorteile für sich und seine Kunden:
Branche(n): Automatisierungstechnik, elektrische Automation
Kunde: SEW-EURODRIVE